Der Wunsch, in der eigenen Wohnung und der angestammten Nachbarschaft zu bleiben, ist bei älteren Menschen sehr ausgeprägt und könnte zukünftig verstärkt durch technische Unterstützung wie Orientierungshilfen, Erinnerungshilfen und mobile Notrufsysteme erleichtert werden. „Wir müssen erforschen, wie diese Angebote wahrgenommen werden, wo die Grenzen der sinnvollen Nutzung liegen und wie die zukünftigen Generationen der Alten damit umgehen werden. Das DFG-Projekt ‚SenTra‘ (für ‚Senior Tracking‘), an dem Oswald beteiligt ist, setzt beispielsweise moderne Technologien wie GPS-Syteme ein, um die Mobilität von Dementen, älteren Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen und gesunden Alten zu vergleichen. In diesem interdisziplinären Projekt arbeiten Alternsforscher mit Psychologen, Geographen, Medizinern, Sozialarbeitern und Juristen aus Israel und Deutschland zusammen.
Oswald plant mit seinem Forscherteam, zu dem die Erziehungswissenschaftlerin Dr. Ines Himmelsbach und der Psychologe Dr. Roman Kaspar gehören, in Frankfurt ein Projekt mit dem Titel ‚Hier will ich wohnen bleiben‘. „Wir wollen mit diesem Projekt einen Beitrag dazu leisten, bestmögliche Bedingungen für ein Wohnen im Stadtteil bis ins sehr hohe Alter für die große Gruppe privat wohnender Älterer zu gewährleisten“, so der Alternsforscher. Er will dabei an den vielfältigen bestehenden Aktivitäten in Frankfurt anknüpfen und Praktiker zur aktiven Mitarbeit einladen. „Auch die älteren Bewohner werden wir einbinden; wir planen, etwa 600 Bürger zwischen 70 und 80 Jahren und zwischen 81 und 90 Jahren zu befragen. So versuchen wir, in Erfahrung zu bringen, wie die bauliche Wohnumwelt, soziale Kontakte, Alltagshandlungen und die Verbundenheit mit dem Stadtteil zusammenhängen und welchen Einfluss das auf gesundes Altern hat.“ Nach zwei Jahren will Oswald mit seinem Team eine Schwachstellen- und Ressourcenanalyse für die ausgewählten Stadtteile vorlegen.
Zwar bleiben alte Menschen im Durchschnitt deutlich länger fit und gesund, doch sollte es ein Ziel des Älterwerdens sein, „vom normalen Altern etwas zu lernen für das Leben mit Beeinträchtigungen und Erkrankungen“, so Oswald. Gute diagnostische Möglichkeiten werden Menschen in Zukunft häufiger damit konfrontieren, dass sie wissen, in absehbarer Zeit zu erkranken. „Um die Chancen und Risiken dieses Wissens und um Veränderungsprozesse generell wissenschaftlich zu untersuchen, müssen Menschen im Zeitverlauf begleitet werden, insbesondere in Übergangsphasen vom ressourcenreichen ‚Dritten Alter‘ zwischen 60 und 80 Jahren ins ressourcenarme ‚Vierte Alter'“, erläutert der Alternsforscher. Auch das steht auf seiner Agenda für die kommenden Jahre in Frankfurt.
„Die Professur soll die Erkenntnisse der unterschiedlichen Disziplinen zusammenführen, die sich bisher vor allem im kultur- und sozialwissenschaftlichen, aber auch im naturwissenschaftlichen Bereich mit Fragen des Alterns befasst haben“, sagte Dietmar Schmid, Vorstandsvorsitzender der BHF-Bank-Stiftung, zur Intention der Stifterin. Dazu gehören neben Forschung und Lehre auch der Ausbau der Kontakte zwischen Wissenschaft und Praxis sowie die Politikberatung. Fünf Jahre wird die BHF-BANK-Stiftung diese Professur finanzieren, die Goethe-Universität steuert Personal- und Drittmittel für die Ausstattung bei. Danach wird die Professur an der Universität dauerhaft eingerichtet. Die BHF-BANK-Stiftung, die wissenschaftliche wie praxisorientierte Projekte zum Thema „Leben im Alter“ seit einigen Jahren großzügig fördert, ermöglicht damit zum zweiten Mal die Einrichtung einer Stiftungsprofessur an der Goethe-Universität im Bereich der Alternsforschung. Von 2003 bis 2008 förderte die Frankfurter Stiftung eine Professur für Gerontopsychiatrie im Fachbereich Medizin, deren Schwerpunkt im Bereich der Alzheimer- und Demenzerkrankungen liegt. Diese Professur, die Prof. Johannes Pantel seit 2003 innehat, besteht nach erfolgreicher Evaluation weiter.
„Mit dieser Professur stärkt die Goethe-Universität ihr Profil auf dem gesellschaftlich immer bedeutender werdenden Feld der Alternsforschung“, betonte der Präsident der Goethe-Universität, Prof. Werner Müller-Esterl. Er zeigte sich hoch erfreut, dass die BHF-BANK-Stiftung eine Professur für die interdisziplinären Sozialwissenschaften ausgelobt hat: „In unserem Universitätsklinikum ist die Gerontopsychiatrie dank der Anschubsfinanzierung der Stiftung fest verankert. Doch Alternsforschung darf nicht nur auf alte gebrechliche Menschen reduziert werden. Davon haben mich auch die vielfältigen Aktivitäten des 2004 von der Rechtswissenschaftlerin Gisela Zenz initiierten Forums ‚Alterswissenschaften und Alterspolitik‘ überzeugt.“ Dieses interdisziplinäre Team, das in dem Forum sowohl in der Forschung zusammenarbeitet als auch die Kooperation mit der Praxis sucht, habe nun auch die entscheidenden Weichen für die Einrichtung dieser im Fachbereich Erziehungswissenschaften angesiedelten Professur gelegt. Nach einer Studie des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft entfallen nur 11 Prozent der Stiftungsprofessuren auf die Geistes- und Sozialwissenschaften. „Wenn wie bei der Vorbereitung dieser Professur kompetente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein schlüssiges Konzept entwickeln, dann bin ich sicher, dass wir insbesondere gemeinnützige Stiftungen auch in Zukunft davon überzeugen können, weitere Professuren in den Geistes- und Sozialwissenschaften einzurichten.“
Informationen Prof. Frank Oswald, Interdisziplinäre Alternsforschung, Fachbereich Erziehungswissenschaften, Campus Bockenheim, Tel. (069) 798 23110, oswald@em.uni-frankfurt.de
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