Cornelius König, Professor für bArbeits- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes, hat in einer Feldstudie den Nutzen der so genannten „Stillen Stunde“ nachgewiesen. Nehmen sich, wie im Fall der Studie, beispielsweise Manager eine bewusste Auszeit von E-Mail, Telefon und Bürogespräch, steigt die Qualität der Arbeit, die in dieser Zeit geleistet wird, merklich. Auch den Rest des Arbeitstages nehmen die Arbeitnehmer als produktiver und zufriedenstellender wahr. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift European Review of Applied Psychology veröffentlicht.
Es ist wie mit dem gesunden Essen: Jeder weiß, das Obst und Gemüse gesund sind. Trotzdem sind die Kartoffelchips und die Tafel Schokolade viel beliebtere Begleiter beim Fernsehabend auf dem Sofa. Ähnlich verhält es sich mit der Disziplin am Arbeitsplatz. Die meisten Angestellten wissen, wie zeitraubend und nervtötend ständige Unterbrechungen sind. Alle paar Minuten klingelt das Telefon, und während man telefoniert, blinkt auch noch das Symbol für eine neue E-Mail im Posteingang auf. Einige Minuten später, das Telefonat ist beendet, die E-Mail beantwortet, steht dann der Chef in der Tür und möchte auf den neuesten Stand gebracht werden, und zwar umgehend.
In einer solchen Szene dürften sich die meisten der Millionen Büroangestellten wiederfinden. Anspruchsvolle Arbeiten, Projektberichte, wissenschaftliche Aufsätze, konzentrierte Projektplanung sind unter solchen Umständen äußerst schwierig. Dabei könnte die Lösung so einfach sein: „Bereits eine Stunde konzentrierte Arbeit ohne Unterbrechung von Mails, Telfon und Kollegen steigert die Qualität von und die Zufriedenheit mit anspruchsvollen Arbeiten deutlich“, sagt Cornelius König. Der Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität des Saarlandes hat gemeinsam mit Kollegen die Effekte der so genannten „Stillen Stunde“ untersucht. Zwei Wochen lang haben König und seine Kollegen 27 Manager in einer Tagebuch-Studie begleitet und nach mehreren Monaten abermals nachgehakt. Die Büroarbeiter sollten im Untersuchungszeitraum jeden Tag festhalten, wie sie ihre eigene Leistung einschätzen, wenn sie eine Stunde täglich konsequent externe Reize wie Mails und Telefonate abstellen. „Ergebnis war, dass die Manager nicht nur die Arbeit als qualitativ hochwertiger einschätzten, die sie innerhalb der Stillen Stunde erbracht haben. Sie haben den gesamten Arbeitstag als zufriedenstellender und effizienter wahrgenommen“, so Cornelius König. Drei Monate später haben die Psychologen erneut bei den Managern nachgefragt, wie sie die Stille Stunde rückblickend bewerten. „Viele haben die bewusste Auszeit beibehalten. Die meisten haben die Stille Stunde nach wie vor sehr positiv bewertet“, erklärt der Experte für Arbeitspsychologie. Viele gehen nach einem Tag mit Stiller Stunde mit dem guten Gefühl nach Hause, etwas Wichtiges vom Tisch zu haben, was ansonsten durch ständige Ablenkungen liegengeblieben wäre.
Was so einfach klingt – eine Stunde freihalten, kein Problem! –, ist in der Praxis allerdings eine große Herausforderung. „Ein Büroangestellter muss unbedingt genügend Selbstdisziplin mitbringen, um die Stille Stunde auch konsequent umzusetzen. Außerdem muss der Vorgesetzte das Vorhaben zumindest tolerieren, wenn nicht sogar aktiv unterstützen“, sagt Cornelius König. Es bringe ja wenig, wenn ein Arbeitnehmer das Gefühl habe, alleine auf verlorenem Posten zu stehen.
Ob die Stille Stunde tatsächlich eine Stunde, eine halbe Stunde oder einen Vormittag in der Woche umfasse, sei übrigens nicht wirklich von Bedeutung, so der Psychologie-Professor. „Der Punkt ist, dass man es tatsächlich machen muss“, fasst er die wichtigste Erkenntnis seines Fachgebietes zusammen.
Der Fachartikel ist hier abrufbar: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1162908812001016
Kontakt:
Prof. Dr. Cornelius König
Tel.: 0681 3023629
E-Mail: ckoenig@mx.uni-saarland.de
Quelle: idw.de, 12.03.2013
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