Der demografische Wandel ist im vollen Gange. Die deutsche Bevölkerung schrumpft, wird älter und durch Zuwanderung vielfältiger. Die sich daraus ergebenden Herausforderungen und Chancen, sind Thema des heutigen Demografiegipfels in Berlin. Kanzlerin Angela Merkel, Innenminister Hans-Peter Friedrich und Finanzminister Wolfgang Schäuble werden mit den eingerichteten Arbeitsgruppen die ersten Ergebnisse besprechen, die unter Beteiligung von Bund, Länder, Kommunen, Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Gruppen erarbeitet wurden. Auch am Karlsruher Institut für Technologie begleiten zahlreiche Forscher die vielen Aspekte, die mit dem demografischen Wandel einhergehen.
Wie die Senioren von morgen leben wollen, hat eine Studie am KIT erhoben. „Sie halten an den Gewohnheiten der mittleren Jahre fest und wollen diese auch im Alter noch möglichst lange ausüben“, sagt Studienleiterin Caroline Kramer. Die Befragten zwischen 50 und 60 Jahren legen viel Wert auf gute Infrastrukturangebote, die ihnen ein aktives Leben auch im zukünftigen Ruhestand ermöglichen. Hier zeigt sich, dass sie durch Bildungsexpansion, Emanzipation und Partizipation über andere Ansprüche und Potenziale verfügen als die Vorgängergeneration. Um ihr Eigenheim möglichst lange zu halten, wird an altersgerechte Umbauten gedacht. Ein „Zurück in die Stadt“ – wie so oft vorausgesagt – planen nur sehr wenige Befragte. Aber einige sehen auch die finanziellen Zwänge im Alter. „Es wird mehr über alternative Wohnmodelle nachgedacht. Von Mehr-Generationen-Häusern, über betreutes Wohnen bis hin zum billigen Altersruhesitz auf den Kanaren.“
„Die Personen, die heutzutage in Rente gehen, verfügten schon während ihres Arbeitslebens über einen Pkw. Die damit verbundenen Verhaltensweisen und Gewohnheiten – etwa Wohnstandort oder Urlaubsart – nehmen sie mit in den Ruhestand. Sie ersetzen nach und nach die Generation, die noch ohne Pkw sozialisiert“, erklärt Bastian Chlond. Mit dem Deutschen Mobilitätspanel untersucht er kontinuierlich Trends im Verkehrsverhalten der Bevölkerung. So hatten 2011 knapp drei Viertel (73 Prozent) der Personen über 60 Jahre einen Führerschein und Zugang zu einem Pkw in ihrem Haushalt, 2002 waren es nur 61 Prozent. Im Gegensatz dazu ist der Trend bei den 18- bis 35-Jährigen: Etwa 74 Prozent haben Zugang zu einem Auto im Jahr 2002 waren es noch 83 Prozent.
In naher Zukunft verliert der Arbeitsmarkt pro Jahr bis zu 1,5 Millionen Arbeitnehmer in die Pension, nur 800 000 junge Menschen kommen hinzu. „Auf die Arbeitgeber kommen bei der Suche nach qualifiziertem Personal schwierige Zeiten zu“, sagt Gerd Nollmann, der über Sozialstrukturanalysen und den Arbeitsmarkt forscht.“ Hier könnten sich Firmen mit einem durchdachten Gleichstellungskonzept Vorteile verschaffen, sei es mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Lohnanreizen oder der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“
Kann Technik helfen, länger eigenständig zu leben? Sensoren etwa, die die Aktivität des Bewohners beobachten und im Notfall Hilfe rufen. Fernseher, die an die Tabletteneinnahme erinnern. Oder der Herd, der einen darauf hinweist, ihn auszustellen. „Die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Pflege, Medizin, Technik und Ökonomie kann Senioren wieder mehr Eigenständigkeit ermöglichen“, erklärt Wilhelm Stork, der in dem neuen Feld Ambient Assisted Living (AAL) forscht. „Dabei spielt die Praktikabilität und Bedienerfreundlichkeit eine große Rolle.“ Einerseits kann man die Affinität der älteren Nutzer zu neuen Technologien nicht voraussetzen, andererseits müssen die neuen Technologien mit geringem Aufwand in bestehende Wohnumfelder integriert werden.
Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine auf Basis von Biosignalen wie etwa Sprache, Muskel- und Hirnaktivität ist das Forschungsfeld der Informatikerin Tanja Schultz. Dazu gehört die klassische Spracherkennung, aber auch lautlose Kommunikation, die die Aktivität von Muskeln oder Hirnströmen direkt interpretiert, sowie die Gestenerkennung durch Bewegungssensoren. Mimik und Gestik können so als Schnittstelle zur Computersteuerung dienen. „Für ältere Menschen eröffnet dies neue
Möglichkeiten zur Interaktion mit einem Computer und zur computerunterstützten Kommunikation mit anderen Mitmenschen“, erklärt Schultz. „Die Erfassung und Interpretation von Biosignalen bietet darüber hinaus neue Chancen zur Wahrnehmung menschlicher Bedürfnisse. Daher könnten moderne Mensch-Maschine- Schnittstellen auch in der Pflege und Therapie von altersbedingten Krankheiten wie beispielsweise Demenz einen wichtigen Beitrag leisten.“
Im Portal „KIT-Experten“ finden Sie Informationen zu diesen und weiteren kompetenten Ansprechpartnern zu Highlights der KIT-Forschung und aktuellen Themen: http://www.pkm.kit.edu/kit_experten.
Quelle:
idw.de, 14.05.2013
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