„Vom Defizit- zum Kompetenzmodell:
Stärken älterer Arbeitnehmer erkennen und fördern“
18. und 19. April 2007, Gustav Heinemann Haus Bonn
Ergebnisse der Auftaktveranstaltung der Becker Stiftung
Im Februar 2006 veranstalteten wir unsere erste große Tagung mit dem Thema „Generation 60plus – tauglich für die Arbeitswelt 2020?“. Im Mittelpunkt dieser interdisziplinär besetzten Tagung stand die Debatte um die Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor dem Hintergrund der Veränderung unserer Arbeitswelt.
Namhafte Experten aus Neurologie, Arbeitswissenschaft, Medizin, Sportwissenschaft und Psychologie sowie Vertreter aus der Praxis haben an zwei Tagen gemeinsam den aktuellen Wissensstand hierzu zusammengefasst. Alle Teilnehmer der Tagung widersprechen geschlossen der weitverbreiteten öffentlichen Meinung, dass die Leistungsfähigkeit mit dem Alter grundsätzlich abnimmt. In unserer Gesellschaft werden dem Alter dennoch eher negative Eigenschaften unterstellt, die wissenschaftlich so aber längst nicht mehr tragbar sind. Häufig wird dabei vergessen, dass die Leistungsfähigkeit ein individueller Parameter ist und somit auch einer individuellen Betrachtung bedarf.
Wir empfehlen deshalb von einem Stärken- bzw. ressourcenorientierten Ansatz auszugehen, der es ermöglicht im Alter spezifische Stärken zu entwickeln und Leistung zu erhalten. Unser negativ besetztes Bild vom alternden Arbeitnehmer versperrt uns jedoch oft die Sicht auf diese spezifischen Stärken und Kompetenzen, die in unserer Gesellschaft sinnstiftend eingesetzt werden könnten.
Alter neu denken
Immer noch herrscht das weitverbreitete Vorurteil in unserer Gesellschaft, dass man mit zunehmenden Alter nicht mehr lernfähig und kreativ ist und sich neuen Prozessen und modernen Technologien nicht anpassen kann oder will. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben das Annahme, dass ältere grundsätzlich weniger leisten als jüngere in vielen Studien bereits mehrfach entkräftet. Dennoch sind die Arbeitsmarktchancen von Menschen aus der zweiten Lebenshälfte denkbar schlecht. Negative Stereotypen vom Alter versperren uns die Sicht auf spezifische Stärken und Kompetenzen älterer Arbeitnehmer, somit ist unsere Gesellschaft auch nicht in der Lage, das Leistungspotential, das die Älteren verkörpern zu aktivieren. Es gibt bis dato nur wenige Fähigkeiten wie Urteilsvermögen, Genauigkeit, Erfahrungswissen, Ausdrucksfähigkeit und abwägende Wahrnehmung, die besonders dem Alter zugesprochen werden.
Um langfristig einen positiven Einstellungswandel zu erzeugen, müssen spezifische Stärken und Kompetenzen Älterer in ausreichender Form bekannt sein. Diese speziellen Fähigkeiten sind jedoch bisher wissenschaftlich kaum bzw. gar nicht belegt und gebündelt.
Nicht zuletzt ist die Fokussierung auf spezifische Stärken und Kompetenzen ein interessanter und wichtiger Aspekt für ältere Arbeitnehmer selbst, denn hierdurch werden Motivation und Selbstbewusstsein älterer Arbeitnehmer maßgeblich und nachhaltig gestärkt – denn entsprechend spezifischer Stärken und Kompetenzen eingesetzt, arbeitet es sich sicherlich auch einfacher und effizienter bis zum 67. Lebensjahr. Bei dieser Diskussion geht also nicht mehr nur darum Arbeitsplätze entsprechend für Ältere anzupassen und zu gestalten (Stichwort: „seniorentauglich“), sondern es eher möglich zu machen, andere geeignetere Arbeitsplätze zu finden, die den Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gerecht werden und eine Win-Win-Situationen für beide hervorbringen.
Intention dieser interdisziplinär ausgerichteten Tagung ist es, Experten aus Wissenschaft und Praxis zu finden, die gemeinsam ihr Wissen zu den spezifischen Stärken Älterer zusammentragen und analysieren. Die gewonnenen Erkenntnisse können dann in einem nächsten Schritt in Anforderungsprofile an Tätigkeiten für Ältere und in konkrete Vorschlägen für die Praxis münden.
Bis heute gibt es zu den Stärken und besonderen Fähigkeiten im Alter nur vereinzelte Forschungsarbeiten, deshalb ergeben sich für uns eine Reihe von Fragen, z.B.:
- Was sind wissenschaftliche Erkenntnisse spezieller Kompetenzen im Alter? (psychologisch, neurologisch, physiologisch, sozial-emotional)
- Wie können diese Kompetenzen im Arbeitsleben eingesetzt werden? (aus Sicht der Arbeitspsychologie, Arbeitsmedizin, Arbeitswissenschaften, Sozialwissenschaften, Bildungswissenschaften, …)
- Was sind mögliche Barrieren? (individuelle Barrieren, Barrieren von Unternehmen, in unserer Gesellschaft)
- Wie kann dieses Wissen in die Unternehmenspraxis umgesetzt werden? (in bestehenden Arbeitsgebieten, durch die Schaffung neuer Arbeitsgebiete für Ältere, in neuen Märkten)
- Wie können Kompetenzen in der Praxis entwickelt und gestärkt werden (Kompetenzmanagement)?
Alle Beiträge der Referenten finden Sie hier.
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