Ruth Zschau hat im Seniorenzentrum Kirchheim den Alltags-Fitness-Test absolviert. Die 92-Jährige, die sich in ihrem Häuschen noch selbst versorgt, braucht zwar Stock oder Rollator zum Gehen, aber seit sie vor wenigen Wochen begann, ihre Muskeln zu stärken und die Balance zu üben, fühlt sie sich schon beweglicher und einiges geht wieder leichter von der Hand.
Den Test für Menschen zwischen 61 und 94 Jahren entwickelte das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Olympischen Sportbund und der Marie-Luise und Ernst Becker Stiftung. 185 Senioren in allen elf Heidelberger Seniorenzentren haben ihn in den letzten Monaten absolviert. In Zusammenarbeit mit dem Sportkreis Heidelberg hängt ein ganzes „Senioren-Aktiv-Programm“ dran: Zuerst ein motivierender Fachvortrag, dann die individuellen Tests für Bein- und Armkraft, Ausdauer, Hüft- und Schulterbeweglichkeit sowie Geschicklichkeit und zum Schluss ein Beratungsgespräch, bei dem Vorschläge für ein persönliches Bewegungsprogramm gemacht werden.
Dr. Christoph Rott vom Institut für Gerontologie hat die 185 Tests ausgewertet und freut sich über viele verhältnismäßig fitte Senioren in der Stadt. Zum Beispiel über eine 94-jährliche Rohrbacherin, die bei allen Werten überdurchschnittlich gut lag: „Sie war ihr ganzes Leben lang aktiv und ist psychisch überaus positiv eingestellt,“ findet er. Für Rott ist besonders bemerkenswert, dass amerikanische und deutsche Studien zum Ergebnis kamen, dass derjenige, der drei oder mehr Kilometer pro Tag geht, sein Risiko, eine Demenz zu entwickeln, um ein Drittel senken kann. Und beim Senioren-Aktiv-Programm in Heidelberg erreicht seine Botschaft auch diejenigen Älteren, die sich bisher kaum bewegt haben. Das Programm soll zu einem festen Bestandteil der Heidelberger Bewegungslandschaft werden. Keine andere Kommune habe die Fitness-Tests mit Beratungen bisher so systematisch eingesetzt wie Heidelberg, lobte er.
„Wer sich im Alter bewegt, steigert seine Lebensqualität enorm“, sagte auch Oberbürgermeister Eckart Würzner bei einem Pressegespräch im Seniorenzentrum in der Weststadt. „Das wollen wir als Stadt so gut wie möglich mit aktivierenden Angeboten unterstützen. Denn jeder kann damit Altersrisiken wie Pflegebedürftigkeit, Demenz und chronischen Krankheiten vorbeugen.“ Die Stadt ist mit ihren vorbildlichen Aktivitäten auch bundesweit beispielgebend. So erreichte sie Ende April gemeinsam mit Dresden den dritten Preis beim Bundeswettbewerb „Gesund älter werden in der Kommune – bewegt und mobil“ hinter Köln und Stuttgart. Ausgelobt wurde der Wettbewerb der Kommunen von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Die Auszeichnung gab es für das Netzwerk „Mehr Bewegung lebenslang“, in dem verschiedene Akteure seit fast zwanzig Jahren gute Bedingungen schaffen, damit ältere Menschen Spaß an Sport und Bewegung haben. Damals, so Angelika Haas-Scheuermann, Leiterin des städtischen Amtes für Soziales und Senioren, habe man die Sportvereine davon überzeugt, dass sie sich Menschen in höherem Lebensalter zuwenden sollten. Die Stadt investiert jetzt in Bewegungsangebote für Ältere jährlich rund 10 000 Euro.
Mit dem Preisgeld in Höhe von 4000 Euro will das Netzwerk „Mehr Bewegung lebenslang“ unter anderem Fortbildungen für die ehrenamtlichen Übungsleiter finanzieren und Maßnahmen unterstützen, um speziellen Zielgruppen wie älteren Migranten und Hochaltrigen den Zugang zu Bewegungsangeboten zu erleichtern.
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