Blogbeitrag Juli 2014 zum Förderpreis “Alter und Arbeit 2013″


 

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Datenerhebung und erste Ergebnisse

Willkommen zu meinem 4. Blogeintrag!

In den beiden vorigen Blogeinträgen (Januar 2014 und März 2014) habe ich Ihnen einen Einblick in unsere Forschungsmethoden gegeben. Die Datenerhebung ist nun abgeschlossen und die Datenauswertung hat begonnen. In diesem Blogeintrag möchte ich Ihnen Informationen zu unseren Studienteilnehmern geben und erste Ergebnisse vorstellen.

Informationen zu den Studienteilnehmern

Alle Beschäftigte unseres Kooperationspartners waren eingeladen, an unserer Studie teilzunehmen. Zwei Forschungsassistentinnen besuchten insgesamt 16 Häuser, in denen Senioren betreut werden, und informierten im Rahmen von Gruppensitzungen ca. 500 Beschäftigte über Ziele und Ablauf der Studie; 167 Beschäftigte entschieden sich für die Teilnahme an einer oder mehreren Komponenten unserer Studie, die Rücklaufquoten lagen also bei ca. 33%. Diese Rücklaufquote war etwas niedriger als erwartet, was sicher dem hohen Aufwand der Studienteilnahme geschuldet ist. Nicht alle Teilnehmenden nahmen an allen Teilen der Studie teil. In die Auswertung der Fragebogendaten aus der 1. Sitzung gingen die Antworten von 141 Beschäftigten ein; in die Auswertung der PC-Daten aus der individuellen Testsitzung gingen die Daten von 65 Beschäftigten ein. Es gelang uns, Studienteilnehmer aus allen Abteilungen der Organisation zu rekrutieren, darunter Krankenschwestern, Altenpfleger, Pflegehelfer, Praktikanten, Wohnbereichsleiter, Pflegedienstleiter und Zentrumsleiter. Alle Beschäftigten gaben an, täglich im Kontakt mit den Bewohnern zu stehen, im Durschnitt 5,4 Stunden pro Tag.
Für die Auswertung teilten wir die Beschäftigten in 3 Altersgruppen ein: die Jungen (18-35 Jahre), die Mittelalten (36-50 Jahre) und die Älteren (51-65 Jahre). Die Studienteilnehmer waren etwa gleichmäßig über diese drei Altersgruppen verteilt. Damit ist die Voraussetzung für altersvergleichende Analysen erfüllt.

Was wir herausgefunden haben: Erste Ergebnisse
Im ersten Blogeintrag habe ich drei zentrale Forschungsfragen unseres Projektes genannt. Im Hinblick auf die erste Forschungsfrage möchte ich Ihnen nun erste Ergebnisse berichten. Diese Frage lautete: Unterscheiden sich jüngere und ältere Beschäftigte in emotional anspruchsvollen Berufen hinsichtlich ihres Umgangs mit negativen Emotionen?

Fragebogendaten.
In dieser Studie haben wir Emotionsregulationsstrategien aufgrund vergangener Forschungsbefunde grob in effektive Strategien (z.B. an positive Ereignisse denken, um sich von negativen Geschehnissen abzulenken) und ineffektive Strategien (z.B. die Schuld für negative Geschehnisse bei sich selbst oder anderen suchen) unterteilt. In der Fragebogenerhebung waren die Teilnehmenden gefragt anzugeben, wie häufig sie jede dieser Strategien in ihrem Arbeitsalltag gebrauchen, wenn sie negative oder unangenehme Ereignisse bei der Arbeit erleben. Die Antwortoptionen reichten von 1 (fast nie) bis 5 (fast immer). Folgende Abbildung zeigt die Antworten gemittelt für jede der drei Altersgruppen.

Umgang mit negativen Emotionen im Arbeitsalltag: Mittlere Häufigkeiten der verschiedenen Strategien, unterteilt nach Alter der Beschäftigten. Es ergeben sich wenige Unterschiede zwischen Altersgruppen. Ältere geben an, häufiger die effektive Strategie „Refokussierung auf Planung“ zu benutzen und die ineffektiven Strategien „Katastrophisierung“, „Andere Beschuldigen“ und „Rumination“ zu nutzen. Diese Altersunterschiede sind statistisch signifikant. Die Häufigkeiten aller anderen Strategien sind zwischen den Altersgruppen vergleichbar.

Umgang mit negativen Emotionen im Arbeitsalltag: Mittlere Häufigkeiten der verschiedenen Strategien, unterteilt nach Alter der Beschäftigten. Es ergeben sich wenige Unterschiede zwischen Altersgruppen. Ältere geben an, häufiger die effektive Strategie „Refokussierung auf Planung“ zu benutzen und die ineffektiven Strategien „Katastrophisierung“, „Andere Beschuldigen“ und „Rumination“ zu nutzen. Diese Altersunterschiede sind statistisch signifikant. Die Häufigkeiten aller anderen Strategien sind zwischen den Altersgruppen vergleichbar.

 

Es zeigt sich, dass ältere Beschäftigte folgende Strategien signifikant häufiger angeben als jüngere und/oder mittelalte Beschäftigte:

  • Refokussierung auf Planung (Ich überlege, was ich am besten tun kann.)
  • Katastrophisierung (Ich denke darüber nach, wie fürchterlich die Situation gewesen ist.)
  • Andere beschuldigen (Ich denke, dass andere daran Schuld haben.)
  • Rumination (Ich möchte verstehen, warum ich mich wegen dem, was ich erlebt habe, so fühle, wie ich es tue.)

Keine der Strategien wurde von Jüngeren oder Mittelalten häufiger angegeben als von den Älteren. Diese Ergebnisse legen zweierlei Schlüsse nahe. Zum Ersten scheinen ältere Beschäftigte generell häufiger Emotionsregluationsstrategien anzuwenden als jüngere und/oder mittelalte Beschäftigte. Dies lässt vermuten, dass die Älteren im Allgemeinen einen stärkeren Fokus auf den Umgang mit Emotionen legen. Einschränkend sei erwähnt, dass es natürlich möglich ist, dass Jüngere häufiger andere Strategien anwenden, die im Fragebogen nicht erfasst wurden.
Zum zweiten scheinen ältere Beschäftigte vor allem häufiger solche Strategien zu nutzen, die als ineffektiv gelten. Dies widerspricht der Annahme, dass Menschen im Laufe ihres Lebens effektiver im Umgang mit Emotionen werden. Wir konnten auch nicht den aus der vergangenen Forschung bekannten Befund bestätigen, dass das emotionale Wohlbefinden mit dem Alter zunimmt. In dieser Stichprobe ergab sich kein Zusammenhang zwischen dem Alter der Beschäftigten und ihrem Wohlbefinden. Mit anderen Worten, jüngere wie ältere Beschäftigte unseres Kooperationspartners gleichen sich in ihrem Wohlbefinden. Wir sind nun dabei, die weiteren vorhandenen Daten auszuwerten, um diesen Befunden näher auf den Grund zu gehen.

Emotionsregulationsaufgabe am PC. In der Emotionsregulationsaufgabe am PC haben wir zwei der im Allgemeinen als effektiv eingestuften Strategien – Ablenkung und positive Umbewertung – genauer beleuchtet. Wir wollten herausfinden, welche der beiden Strategien Beschäftigte verschiedenen Alters nutzen, wenn sie unmittelbar mit emotionalen Reizen konfrontiert sind. Die Studienteilnehmer sahen eine Serie von negativen Bildern und sollten für jedes Bild eine der zwei Strategien wählen, um ihre negativen Gefühlsreaktion auf das jeweilige Bild abzumildern. Wir errechneten den Prozentsatz der Bilder, für die jede Person die Ablenkungs- oder Umbewertungsstrategie wählte. Die folgende Abbildung zeigt die Ergebnisse gemittelt für jede der drei Altersgruppen.

Umgang mit negativen Emotionen bei der Konfrontation mit negativen emotionsauslösenden Bildern. Insgesamt wurden die Studienteilnehmer im Laufe der Emotionsregulationsaufgabe am PC mit 20 negativen Bildern konfrontiert (Beispiele für das Stimulusmaterial sind im oberen rechten Quadrant zu sehen). Alle Personen wählten häufiger die Strategie der Umbewertung als die Strategie der Ablenkung. Allerdings nimmt mit dem Alter der relative Anteil von Ablenkung zu. Der Altersunterschied ist statistisch signifikant.

Umgang mit negativen Emotionen bei der Konfrontation mit negativen emotionsauslösenden Bildern. Insgesamt wurden die Studienteilnehmer im Laufe der Emotionsregulationsaufgabe am PC mit 20 negativen Bildern konfrontiert (Beispiele für das Stimulusmaterial sind im oberen rechten Quadrant zu sehen). Alle Personen wählten häufiger die Strategie der Umbewertung als die Strategie der Ablenkung. Allerdings nimmt mit dem Alter der relative Anteil von Ablenkung zu. Der Altersunterschied ist statistisch signifikant.

Es zeigt sich, dass alle Altersgruppen die Umbewertungsstrategie häufiger wählten als die Ablenkungsstrategie. Dies weist darauf hin, dass Menschen im Allgemeinen bereit sind, sich auf die im Bild dargestellten negativen Situation einzulassen und eine positive Seite daran zu entdecken, statt sich sofort von der Situation abzulenken. Gleichzeitig findet sich ein Altersunterschied in der relativen Häufigkeit, mit der die beiden Strategien gewählt wurden. Ältere Beschäftigte entschieden sich häufiger für die Ablenkungsstrategie als jüngere und mittelalte Beschäftigte. Sie neigen also eher dazu, sich von der negativen Situation auf dem Bild abzulenken. Die vorherige Forschung zeigt, dass die Ablenkungsstrategie schneller negative Emotionen abmildert und weniger geistigen Aufwand erfordert als die Umbewertungsstrategie. Insofern lassen diese Befunde vermuten, dass sich die Älteren eher für die schnelle und geistig weniger aufwendige Strategie entscheiden, was ihren größeren Fokus auf den Erhalt des momentanen Wohlbefindens sowie eine Anpassung an ihre geringeren kognitiven Ressourcen widerspiegeln könnte. Auch diesen Befunden werden wir in weiteren Analysen näher auf den Grund gehen.

Nächste Schritte

In der folgenden Zeit werden wir die Daten weiter auswerten und uns vor allem auch den beiden anderen zentralen Forschungsfragen widmen, die ich im ersten Blog genannt habe. Insbesondere geht es hierbei um Zusammenhänge zwischen dem Umgang mit Emotionen und dem Wohlbefinden und der Leistungsfähigkeit jüngerer und älterer Beschäftigter. Im nächsten Blog werde ich Ihnen Ergebnisse zu diesen Themen berichten.

Freundlich grüßt Sie:
Dr. Susanne Scheibe