Welcher Lebensstil und welche (Arbeits)Bedingungen fördern unsere Motivation, aktiv und leistungsfähig zu sein? Gilt das auch im höheren Alter?
Dopamin reguliert im Zusammenspiel mit anderen Faktoren unsere Aufmerksamkeit, Konzentration, unseren motivationalen Antrieb, unsere Belohnungs- und Neuheitsverarbeitung und Gedächtnisleistungen sowie unsere motorische Beweglichkeit.
Das dopaminerge System bildet die optimale Basis, um die belohungsbezogenen motivationalen Aspekte von Exploration, die motorischen Aspekte der für die Exploration erforderlichen Mobilität und die synaptischen Mechanismen der hippokampalen Langzeitspeicherung zu koppeln und zeigt altersbedingte Veränderungen (z.B. (Duzel, Vargha-Khadem, Heinze, & Mishkin, 2001; Mishkin, Vargha-Khadem, & Gadian, 1998; Squire, Stark, & Clark, 2004). Die altersbedingten Veränderungen können sich auch auf die Arbeitsmotivation, die Leistungsfähigkeit und die Zufriedenheit insbesondere älterer Arbeitnehmer auswirken.
Kann man diese altersbedingten Veränderungen aufhalten oder vorbeugen und wenn ja, durch welche Interventionen? Diese Zusammenhang wird u.a. in meinem Forschungsprojekt untersucht. Es scheint, dass bei körperlich aktiven Personen die altersbedingte dopaminerge Degeneration in starkem Maße verlangsamt ist. Tierstudien und auch erste Studienergebnisse am Menschen unterstützen diese Annahme. Auf die wichtigsten Forschungsergebnisse möchte ich in diesem Blog eingehen.
1. Kann körperliche Aktivität auch unser Motivationssystem trainieren?
Die positiven Effekte von körperlicher Aktivität werden mit Hilfe so genannter Tiermodelle der Parkinson Erkrankung unterstützt. Die Parkinson Erkrankung ist gekennzeichnet durch einen Verlust dopaminerger Neurone in der Substantia Nigra / ventrales tegmentales Areal (SN/VTA) und geht mit einer stark eingeschränkten Bewegungsfähigkeit einher. In diesen Tiermodellen konnten Mikrodialysen in Tierstudien zeigen, dass körperliche Aktivität bei Ratten die Konzentration von Dopamin in spezifischen Hirnarealen erhöht.
Des Weiteren zeigte ein 18 wöchiges körperliches Training bei Mäusen mit induzierter chronischer Parkinson Erkrankung einen (Schutz)-Effekt auf die Dopaminzellen der SN/VTA (Lau, Patki, Das-Panja, Le, & Ahmad, 2011): Es kam zu einer signifikanten Verlangsamung des DA-Zellen Verlustes und anderer funktioneller parkinson-typischer Symptome. Zusätzlich reduzierte die körperliche Aktivität auch die typischen Bewegungseinschränkungen und Balancestörungen, die mit einer Parkinson Erkrankung einhergehen. Auf zellulärer Ebene konnte neben der Verbesserung der Bewegung und Balance auch eine neuronale Veränderung gezeigt werden: Körperliche Aktivität verbesserte die mitochondriale Funktion und die hirnspezifische Zunahme wichtiger Wachstumsfaktoren, welche eine wichtige Rolle für den Schutz und das Überleben von Neuronen einnehmen.
Weiterführenden Studien zeigten jedoch auch, dass körperliche Aktivität keinen Schutzeffekt zeigt, sobald die Zerstörung der Dopaminneurone sehr stark fortgeschritten ist.
Am Menschen ist sind diese Zusammenhänge bisher noch wenig erforscht. Es ist schwierig, die Ergebnisse der Tierstudien mit in vivo-Messungen beim Menschen zu vergleichen. Wang et al. versuchten, die Veränderungen der Dopaminfreisetzung durch Laufbandbelastung zu erfassen. Trotz dem die Probanden 30 Minuten intensiv auf dem Laufband belastet wurden, konnte hier keine Veränderung der Dopaminkonzentrationen nachgewiesen werden.
Jedoch ist der klinische Effekt körperlicher Aktivität auf körperliche Rehabilitation und Verbesserung der Lebensqualität bei Menschen mit Parkinson Erkrankung bekannt. Verschiedene klinische Studien konnte zeigen, dass regelmäßige körperliche Aktivität in frühen Stadien der Parkinson Erkrankung mit einer Verbesserung der täglichen Aktivität, Motorik und allgemeiner funktioneller Unabhängigkeit einhergeht (Comella et al., 1994; Reuter et al., 1999; Baatile et al., 2000; Miyai et al., 2000). Dabei scheint aerobes Training die Abgabe von Dopamin im menschlichen Hirn zu triggern (Wang et al., 2000). Doch auch hier konnte bisher noch nicht geklärt werden, welche zellulären Mechanismen durch körperliche Aktivität den neuronalen Verlust dopaminerger Neurone verhindern.
Wir nehmen an, dass regelmäßige körperliche bzw. sportliche Aktivität demnach auch bei älteren gesunden Menschen zu einer gesteigerten Ausschüttung von Dopamin führen könnte und dadurch auch unser Motivationssystem besser vor altersbedingten Veränderungen geschützt wird. Dieser Zusammenhang wird im Rahmen des Forschungsprojektes erforscht.
Unsere Hypothese ist, dass dieser Effekt wiederum die Lern- und Leistungsmotivation erhöhen könnte und uns neugierig und aktiv macht. Der Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und den chemischen Botenstoffen des Gehirns wurde bisher bei gesunden alten Menschen wenig erforscht.
2. Was bedeuten diese Erkenntnisse für die Arbeitswelt
Die Motivation, sich auch im Alter mit neuen Dingen zu beschäftigen und körperlich aktiv zu bleiben, scheint ein wichtiger Faktor zu sein, der unser Gehirn gegenüber alterstbedingten Veränderungen stabilisiert.
Schlussfolgernd aus früheren Studienergebnissen kann man sagen, dass sowohl ein höheres Körpergewicht und eine niedrige SN/VTA Integrität im Alter in zweifacher Hinsicht von Nachteil sein können: zum Einen wird durch den altersbedingten Dopaminmangel der motivationale Antrieb verringert, Neues zu explorieren; zum Anderen wird Exploration durch ein höheres Körpergewicht physisch erschwert.
Demzufolge scheinen stundenlanges Sitzen ebenso wie chronischer Bewegungsmangel und Monotonie auch unseren Dopaminspiegel zu beeinflussen und können dadurch die Arbeitsmotivation sowie Lern- und Gedächtnisleistungen verschlechtern. Diese Annahmen müssen zukünftig wissenschaftlich näher untersucht werden.
Verschiedene Forschungsdisziplinen müssen ihre Erkenntnisse zusammenbringen, um Arbeitsinhalte und –umgebungen altersgerecht und „motivationsförderlich“ zu gestalten. Dabei spielen die Begriffe, wie „Abwechslung“, „Wechsel“, „Neuheit“, „Bewegung“ eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Arbeit.
Was uns motiviert, und das wurde wissenschaftlich belegt, ist Neuheit, Belohnung, Exploration von neuen Dingen und Bewegung selbst. Diese aktuellen neurobiologische Erkenntnisse heben die Bedeutung der dopaminergen Neuromodulation für Motivation und altersabhängiger Gedächtnisstörungen hervor. Hier wurde zwar die Rolle dopaminerger Neuromodulation diskutiert aber es ist natürlich wichtig zu erwähnen, dass das Zusammenspiel mit anderen Neurotransmittern und Lebensstilfaktoren ebenso von Bedeutung sind.
Die Erforschung der Leistungsfähigkeit im Arbeitsleben hat sich bisher größtenteils allein auf psychosoziale Aspekte konzentriert. Jetzt fangen wir an, auch die neurobiologischen Aspekte zu verstehen. Meine Forschung versucht eine Brücke zu schlagen zwischen dem, was neurobiologisch mit Gedächtnisfunktionen und Motivation gekoppelt ist und sich dann in Form von Leistungsverhalten im Arbeitsverhalten wiederspiegelt.
Zusammenfassend ist es ein wichtiges Ziel, sich bei der Prävention und Förderung im Alter nicht nur auf mentales und körperliches Training zu fokussieren, sondern auch Umgebungen und Bedingungen so zu gestalten, dass die Motivation älterer Menschen verbessert wird, sich körperlich und mental fit zu halten und neugierig zu bleiben.
Sandra Düzel
Ältere Blogbeiträge zum Förderpreis 2011 finden Sie hier:
Vorbericht
Januar 2012
Februar 2012
März 2012
April 2012
Juni 2012
Literatur
Duzel, E., Vargha-Khadem, F., Heinze, H. J., & Mishkin, M. (2001). Brain activity evidence for recognition without recollection after early hippocampal damage. Proc Natl Acad Sci U S A, 98, 8101-8106.
Lau, Y. S., Patki, G., Das-Panja, K., Le, W. D., & Ahmad, S. O. (2011). Neuroprotective effects and mechanisms of exercise in a chronic mouse model of Parkinson’s disease with moderate neurodegeneration. [Research Support, N.I.H., Extramural]. Eur J Neurosci, 33(7), 1264-1274. doi: 10.1111/j.1460-9568.2011.07626.x
Mishkin, M., Vargha-Khadem, F., & Gadian, D. G. (1998). Amnesia and the organization of the hippocampal system. Hippocampus, 8(3), 212-216.
Squire, L. R., Stark, C. E., & Clark, R. E. (2004). The medial temporal lobe. Annu Rev Neurosci, 27, 279-306.
Folgen Sie uns!