DFG gibt zum „Wissenschaftsjahr 2013 – Die demografische Chance“ Einblicke in vielfältige Forschungsthemen und – arbeiten
Der viel zitierte „demografische Wandel“ wird häufig mit den ergrauenden Gesellschaften von morgen gleichgesetzt. Dabei ist das Gesicht des Alters und der prognostizierten Altersgesellschaft nur eine Dimension eines umfassenden Veränderungsprozesses. Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen widmen sich dem Wandel in seiner ganzen Vielschichtigkeit. Vielfältige Einblicke in Forschungsthemen und –arbeiten gibt die DFG nun mit ihren Beiträgen zum „Wissenschaftsjahr 2013 – Die demografische Chance“.
Sonderheft „forschung SPEZIAL Demografie“
Wohin treibt der demografische Wandel? Wo liegen die Herausforderungen und Chancen im Großen wie Kleinen? Antworten auf diese Fragen gibt Professor Axel Börsch-Supan, Direktor im Münchener Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, in einer Sonderausgabe des Magazins „forschung“ der DFG, die soeben zum „Wissenschaftsjahr 2013 – Die demografische Chance“ und zum Start des Ausstellungsschiffes „MS Wissenschaft“ am 30. April 2013 in Berlin erschienen ist.
Unter dem Titel „Pessimismus – fehl am Platz“ führt Börsch-Supan Ergebnisse aus der groß angelegten Studie „Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe“ (SHARE) zusammen, die seit 2004 über 85 000 Menschen befragt hat. Sein Zwischenfazit: „Wir leben länger, bleiben länger gesund und sammeln im Laufe unseres Lebens wertvolle Erfahrungen, die uns auch als ältere Mitarbeiter noch hochproduktiv machen. Diese Seite des demografischen Wandels gibt Grund zum Optimismus. Daher sind auch seine negativen ökonomischen Auswirkungen kein unabänderliches Schicksal.“
So wie der Beitrag von Börsch-Supan geben alle elf Artikel der „forschung SPEZIAL Demografie“ Einblicke in aktuelle Themen und Ergebnisse der Demografieforschung. Der thematische Bogen vom Alter(n) aus biomedizinischer Sicht und Analysen zur „Gesellschaft im Wandel“ über die Auseinandersetzung mit „Gewonnenen Jahren“ bis hin zu „Hilfen für die Welt von morgen“. Dabei werden auch höchst praktische Fragen aufgegriffen – etwa die Suche nach Innovationen für robotergestützte Assistenzsysteme, Hörgerätetechnologien der nächsten Generation oder Möglichkeiten für eine „demenzfreundliche Architektur“. Fast alle Beiträge des 72 Seiten starken Heftes stammen aus der Feder von DFG-geförderten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und sind mit Blick auf ein breites Publikum geschrieben. DFG-Präsident Professor Peter Strohschneider betont in seiner „Einladung zur Lektüre“: „Der demografische Wandel gehört zu den großen Herausforderungen unseres Jahrhunderts. Gewinne und Verluste stehen sich bei wachsender Lebenserwartung gegenüber, Licht- und Schattenseiten zeichnen sich in der Bevölkerungsentwicklung und ihren Folgen ebenso ab wie Freiheiten und Risiken in einer zunehmend heterogenen Gesellschaft.“
DFG-Projekte auf der „MS Wissenschaft“
Die „forschung SPEZIAL Demografie“ erscheint zum Start der „MS Wissenschaft“, die bis zum 17. September 2013 etwa 40 Städte in Deutschland und Österreich ansteuern wird. An Bord des schwimmenden Science Centres der Initiative „Wissenschaft im Dialog“ ist die DFG als größte Forschungsförderorganisation in Deutschland in diesem Jahr mit Exponaten aus acht geförderten Projekten vertreten. Die thematische Bandbreite reicht dabei von Wohnpräferenzen zukünftiger Senioren über einen intelligenten Rollstuhl mit Navigationssystem bis hin zu den Arbeitsmarktchancen junger Migranten.
Das als Langfristvorhaben geförderte „Beziehungs- und Familienentwicklungspanel (pairfam)“ zeigt, dass sich politische Entscheidungen nicht immer an der Lebenswirklichkeit von Menschen orientieren. In der größten Studie ihrer Art begleiteten Forscherinnen und Forscher mehr als 12 000 Frauen und Männer über 14 Jahre lang und befragten sie und ihre Partner, Eltern und Kinder jährlich zu ihrer Lebenssituation. Die Ergebnisse veranschaulichen, welche staatlichen Förderungen und Unterstützungsleistungen Familien und Paare heute benötigen.
Warum will der eine auf dem Land, die andere in einer großen Stadt wohnen? Um sich auf die demografische Entwicklung unserer Städte und Regionen einstellen zu können, benötigen politische Entscheidungsträger klare Vorstellungen von den Vorlieben und Bedürfnissen der Menschen. Im Projekt „Wohnstandortentscheidungen in polyzentrischen Stadtregionen“ erforschen Wissenschaftler der Universität Bonn gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Länderkunde (IfL) und dem ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung, welche Kriterien für Menschen unterschiedlichen Alters und in unterschiedlichen Lebenssituationen eine Rolle bei der Entscheidung für oder gegen einen Wohnstandort spielen.
Wissenschaftlerinnen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der RWTH Aachen rücken mit ihrem Projekt „Deutsche Städte im demografischen Wandel. Wohnstandorte und Lebenskonzepte der künftigen Seniorinnen und Senioren“ die „Generation 50plus“ in den Vordergrund. Sie präsentieren auf der „MS Wissenschaft“ die Ergebnisse einer Befragung, die die Präferenzen von Menschen im Alter von 50 bis 60 Jahren bezüglich ihrer Wohnsituation ermittelt hat. An einem zweiten Exponat ist zu erfahren, wie heterogen die Lebensstile dieser durch gesellschaftliche und politische Veränderungen und Umbrüche geprägten Altersgruppe sind. Darüber hinaus können Besucher an einer Befragung teilnehmen, durch die sie sich selbst einem der Lebensstiltypen zuordnen.
Mit der Frage, welche Anforderungen eine Stadt erfüllen muss, damit Senioren ein möglichst selbstständiges Leben führen können, beschäftigt sich die Emmy Noether-Nachwuchsgruppe „Architektur im demografischen Wandel“ an der TU Dresden. In ihrem Exponat veranschaulicht sie, wie man Gebäude und Infrastruktur an die Bedürfnisse älterer Menschen anpassen und so den städtischen Raum altersgerecht und barrierefrei gestalten kann.
Die barrierefreie Architektur in der altersgerechten Stadt spielt auch für gehbehinderte Menschen eine große Rolle. Der im Sonderforschungsbereich „Spatial Cognition“ an der Universität Bremen entwickelte intelligente Rollstuhl „Rolland“ ermöglicht es Menschen, die körperlich oder geistig dazu nicht in der Lage waren, einen Rollstuhl zu lenken. Dieser weicht Hindernissen aus, lässt sich durch die Bewegung des Kopfes steuern und besitzt einen Navigationsassistenten. Besucherinnen und Besucher können sich von den Funktionsweisen des Rollstuhls überzeugen.
Mit den Veränderungen, die sich durch die Einwanderung von Menschen anderer Kulturen und Religionen ergeben, setzt sich der Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“ der Universität Konstanz auseinander. Das audiovisuelle Exponat informiert über spannende Fragen der Integrationsforschung: Wie vollzieht sich Integration und welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit sie gelingt?
Welche Chancen Migranten auf dem Arbeitsmarkt haben, erfahren Interessierte am Exponat des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES). Es vermittelt auf spielerische Weise Ergebnisse des Schwerpunktprogramms „Education as a Lifelong Process“ und zeigt, welchen Einfluss die sozialen Beziehungen von Migranten auf ihren Arbeitsmarkterfolg haben.
Einen Spiegel hält auch das Projekt des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster den Schiffsbesuchern vor: Wie denken wir über Menschen anderer Religionen? Und wie wirken sich persönliche Kontakte und Bekanntschaften auf unser Urteil aus? Fragen wie diese testen die Offenheit und lassen darüber nachdenken, wie das Zusammenleben der Religionen positiv gestaltet werden kann. Das Projekt basiert auf der Studie „Wahrnehmung und Akzeptanz religiöser Vielfalt – Eine Bevölkerungsumfrage in fünf europäischen Ländern“. Eines der brisanten Studienergebnisse: Die Deutschen sind deutlich intoleranter gegenüber dem Islam und anderen nicht christlichen Religionen als ihre westeuropäischen Nachbarn.
Weitere Informationen
Das Sonderheft „forschung SPEZIAL Demografie“ kann kostenlos beim Bereich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG bestellt werden (Michael.Hoenscheid@dfg.de; Tel. 0228 885-2109).
Neben der Printausgabe steht eine Onlineversion zur Verfügung:
Voraussichtlich ab September 2013 wird das Magazin auch in zahlreichen ICE-Zügen der Deutschen Bahn zum Lesen und Mitnehmen ausliegen.
Kontakt zur Redaktion: redaktionforschung@dfg.de
Detaillierte Informationen zu den Projekten auf der MS Wissenschaft:
Fahrplan der „MS Wissenschaft“:
Quelle: http://www.dfg.de/service/presse/pressemitteilungen/2013/pressemitteilung_nr_11/index.html, 30.04.2013
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