WZB-Elitestudie: Spitzen-Führungskräfte betrachten sich selbst als verantwortungsbewusste Gestalter und sehen Ehrgeiz eher bei den anderen
Der demografische Wandel ist für 60 Prozent der Spitzen-Führungskräfte in Deutschland die dringlichste gesellschaftliche Herausforderung. An zweiter Stelle steht für die Elite die Wirtschafts-, Staats- und Finanzkrise (48 Prozent). Die Sicherung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Überwindung sozialer Ungleichheit betrachten nur 28 Prozent als wichtigstes Problem. Dies zeigt die Befragung von 354 Top-Entscheidungsträgern in Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Justiz, Militär, Kirchen und Medien durch ein Forscherteam des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Es ist die erste umfassende Führungskräfte-Befragung in Deutschland seit 1995.
Bildung und Wissenschaft schätzen nur 19 Prozent der Befragten als Problem ein. 60 Prozent tendieren zu der Aussage, dass Erfolg in Deutschland von Bildung und Fähigkeiten, nicht aber vom Elternhaus abhängt. Bei der Aussage, dass soziale Unterschiede bestehen und auf das Elternhaus zurückzuführen sind, sind die Meinungen gespalten.
Im Mittelpunkt der Befragung standen die Werte und Einstellungen der gesellschaftlichen Elite. Als Motiv für die Ausübung der jeweiligen Spitzenfunktionen nannten fast alle Befragten den Wunsch, die Gesellschaft mitgestalten zu wollen (92 Prozent). Gesellschaftliche Verantwortung nennen zwei Drittel der Befragten als wichtigsten persönlichen Antrieb. Ehrgeiz dagegen spielt für 31 Prozent der Männer und 23 Prozent der befragten Frauen eine zentrale Rolle.
Während die positiv besetzten Motive Gestaltungswille und Verantwortung häufig für sich selbst als Werte genannt werden, gelten den Spitzenkräften die anderen Entscheidungsträger als weniger gemeinwohlorientiert. Nur 22 Prozent der Befragten glauben, dass der Wunsch „Verantwortung zu übernehmen“ das wichtigste oder zweitwichtigste Motiv für andere Führungskräfte ist.
Die Befragung zeigt auch Unterschiede zwischen den gesellschaftlichen Sektoren auf. Die Elite in Politik und Verwaltung ist in extrem hohem Maß konzentriert auf Kontakte im eigenen Umfeld. Die Wirtschaft ist dagegen nach der Selbstauskunft stärker außenorientiert und pflegt vor allem Kontakte in die Bundespolitik. Große Einigkeit besteht in Deutschlands Elite bei einigen Fragen zur Demokratie: 90 Prozent der Befragten würden bei wirklich wichtigen Gesetzen den Bürgern lieber keine direkte Mitentscheidung ermöglichen.
Die Befragung, die zwischen Oktober 2011 und Oktober 2012 stattfand, liefert Einsichten in die Einstellungen der Elite über weitere gesellschaftliche Themen wie Spenden, Entwicklungshilfe, Zufriedenheit mit Institutionen sowie Integration von Migranten.
Die Zusammenfassung der Studie „Entscheidungsträger in Deutschland: Werte und Einstellungen“ finden Sie in dieser Broschüre http://www.wzb.eu/sites/default/files/u8/wzb-elitestudie_final.pdf. Unser Discussion Paper http://bibliothek.wzb.eu/pdf/2013/p13-001.pdf informiert zusätzlich über das Studiendesign.
In einem Artikel für die WZB-Mitteilungen http://www.wzb.eu/sites/default/files/u8/elitestudie_artikel.pdf haben Elisabeth Bunselmeyer und Marc Holland-Cunz wichtige Ergebnisse zusammengefasst.
Quelle: idw.de, 01.07.2013
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