Wie sehr schwankt unsere geistige Leistungsfähigkeit von Tag zu Tag? Und zeigen ältere Erwachsene größere Leistungsschwankungen als jüngere? Diesen Fragestellungen gingen Forscher aus Berlin, Frankfurt und Schweden in der COGITO-Studie nach. Was die Ergebnisse für die Leistungsfähigkeit Älterer im Berufsleben bedeuten, ordnet der Direktor des Munich Center for the Economics of Aging am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik ein.
Manche Tage scheinen es in sich zu haben: Erst wissen wir nicht, wo wir den Autoschlüssel hingelegt haben, und dann vergessen wir eine wichtige Arbeitsbesprechung. Unser Gedächtnis scheint uns an solchen Tagen im Stich zu lassen. Doch stimmt es wirklich, dass wir an manchen Tagen geistig besser in Form sind als an anderen? Gibt es so etwas wie gute und schlechte Tage? Florian Schmiedek, Martin Lövdén und Ulman Lindenberger untersuchten diese Fragen am Datensatz der COGITO-Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin.
Die Ergebnisse der Forscher belegen: Geistige Leistungsschwankungen gibt es tatsächlich. Mit unserem Gefühl, dass gleich der ganze Tag gut oder schlecht ist, liegen wir allerdings häufig daneben. Denn der Großteil der Leistungsschwankungen tritt über kürzere Zeitspannen auf. Was uns als schlechter oder guter Tag erscheint, lässt sich oft auf gute und schlechte Momente zurückführen – ohne dass die Leistung, über den ganzen Tag betrachtet, schlechter oder besser ist als an anderen Tagen. „Die tatsächlichen Schwankungen von Tag zu Tag sind vergleichsweise gering“, sagt Florian Schmiedek, der die COGITO-Studie zusammen mit Lövdén und Lindenberger am Berliner Max-Planck-Institut geplant und durchgeführt hat.
Überraschend waren vor allem die Ergebnisse des Vergleichs zwischen den Altersgruppen: Denn die Älteren zeigten bei allen neun untersuchten Aufgaben geringere Leistungsschwankungen von Tag zu Tag als die Jüngeren. Die geistige Leistungsfähigkeit der Älteren war somit zuverlässiger. Dies galt auch dann, wenn die Leistungsvorteile der Jüngeren in der durchschnittlichen Leistungshöhe berücksichtigt wurden. „Weitere Auswertungen weisen darauf hin, dass für die höhere Zuverlässigkeit bei den Älteren erlernte Strategien bei der Aufgabenbearbeitung, eine gleichbleibend hohe Motivation sowie ein ausgeglichener Alltag mit stabiler Stimmungslage eine Rolle spielen“, sagt Florian Schmiedek.
Die Ergebnisse der Studie sind zudem mit Blick auf die Debatte über die Leistungsfähigkeit Älterer im Berufsleben interessant. „Die Produktivität und Zuverlässigkeit der älteren Mitarbeiter ist unter dem Strich höher als die der jungen“, kommentiert Axel Börsch-Supan, Direktor des Munich Center for the Economics of Aging am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik die Ergebnisse der COGITO-Studie. „Eine unserer Studien in der Automobilproduktion zeigt, dass ältere Mitarbeiter deutlich seltener schwere und teuer zu beseitigende Fehler machen als jüngere. Auch in den anderen von uns untersuchten Branchen findet man nicht, dass Jüngere produktiver sind als Ältere“, so der Wissenschaftler, der zum Thema Produktivität einer alternden Gesellschaft forscht.
In der weltweit einzigartigen COGITO-Studie bearbeiteten 101 Personen im Alter von 20 bis 31 Jahren und 103 Personen im Alter von 65 bis 80 Jahren zwölf verschiedene Aufgaben an 100 verschiedenen Tagen. Mit den Aufgaben wurden die Wahrnehmungsgeschwindigkeit, die Merkfähigkeit und das Arbeitsgedächtnis getestet. Die Wiederholung der Aufgaben über 100 Tage erlaubte es den Forschern, neben den Lernfortschritten auch die täglichen Leistungsschwankungen zu bestimmen und zwischen den Altersgruppen zu vergleichen.
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Quelle: idw.de, 05.08.2013
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