Vermittlung der Rente mit 67 in Deutschland misslungen?


 

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Neue Studie der Uni Mainz untersucht, warum Deutsche die Verlängerung des Renteneintrittsalters so vehement ablehnen.
Die Rente mit 67 ruft in der Bevölkerung viel Kritik und Empörung hervor. Lediglich sieben Prozent der Deutschen sprachen sich in einer Forsa-Umfrage im vergangenen Sommer für das 67. Lebensjahr als Regelaltersgrenze aus. Viele wünschen sich gar eine Absenkung des Renteneintrittsalters noch unter die bis vor kurzem gültige Grenze von 65 Jahren. Viel deutlicher könnte die Ablehnung der Verlängerung der Lebensarbeitszeit kaum ausfallen. Professor Kai Arzheimer vom Institut für Politikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz will nun den Gründen für diese enorme Skepsis in der Bevölkerung auf den Grund gehen. Die Kölner Fritz-Thyssen-Stiftung wird das Projekt finanziell unterstützen.

Arzheimer und sein Team vertreten die These, dass viele Bürger nicht hinreichend über die demografische Entwicklung, die Funktionsweise des gesetzlichen Rentensystems und die Konsequenzen einer alternden und schrumpfenden Gesellschaft informiert sind. „Kurzum“, so Arzheimer, „vielen Bürgern ist trotz der breiten Diskussion in der Öffentlichkeit nicht bewusst, welche immensen Probleme durch den demografischen Wandel auf die gesetzliche Rente zukommen.“ Vorstudien haben gezeigt, dass Menschen unabhängig von Bildungsgrad und politischem Interesse die Rente mit 67 wesentlich positiver bewerten, wenn sie über demografische Trends und deren Zusammenhänge mit der Rente Bescheid wissen. Allerdings spielen neben der Information erwartungsgemäß auch Faktoren eine Rolle, die sich aus der individuellen Situation der Person ergeben. „Wer es nicht mehr weit bis zur Rente hat, mit seiner Arbeit unzufrieden ist oder in seinem Beruf stark körperlich beansprucht wird, spricht sich selbst dann eher gegen die Rente mit 67 aus, wenn er umfassend informiert ist“, so der Politikprofessor der Mainzer Universität.

Das nun anlaufende Forschungsprojekt möchte einerseits analysieren, wie stark die Effekte der Information auf die Befürwortung bzw. Ablehnung der Rente mit 67 sind und über welchen Zeitraum diese anhalten. Auch geht es um die Frage, welche individuellen Merkmale einer Person – z. B. Parteibindungen oder Wertorientierungen – einen Einfluss darauf haben, ob sich diese Person von den Informationen überzeugen lässt oder nicht. Schließlich beschränken sich die Forscher in ihrem Projekt nicht nur auf die Rente mit 67, sondern untersuchen zugleich, ob Informationen zur Demografie auch einen Einfluss auf die Bewertung von Rentenkürzungen und auf eine verstärkte Anwerbung qualifizierter Migrantinnen und Migranten ausüben.

Um dies herauszufinden, setzen die Forscher auf sogenannte Labor- und Onlineexperimente. Darin wird den Teilnehmern per Zufallsverfahren ein konstruierter Kommentar aus einer fiktiven Tageszeitung vorgelegt, der die relevanten Informationen enthält. „Auf diese Weise lassen sich Framing-Effekte am besten ermitteln“, erklärt Professor Arzheimer. Von Framing-Effekten spricht man, wenn die Rahmung eines bestimmten Themas in einen übergeordneten Interpretationszusammenhang einen Einfluss darauf ausübt, wie die Menschen dieses Thema wahrnehmen und bewerten. Rund sechs Wochen später werden die gleichen Befragten erneut zu ihrer Haltung zur Renten- und Zuwanderungspolitik befragt. So kann untersucht werden, ob die Lektüre tatsächlich zu einer nachhaltigen Überzeugung geführt hat. Sollte dies der Fall sein, so wäre die Botschaft eindeutig: Die Vermittlung der Rente mit 67 durch die Politik ist misslungen und muss erheblich verbessert werden.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Kai Arzheimer
Institut für Politikwissenschaft
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel. +49 6131 39-23763
E-Mail: arzheimer@politik.uni-mainz.de

Sven Stadtmüller, M. A.
Institut für Politikwissenschaft
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel. +49 6131 39-27108
E-Mail: stadtmueller@politik.uni-mainz.de